Im Dreiklang
Unvergleichliche Naturgefilde am Bodensee

Was man unbedingt wissen sollte: Der Bodensee ist nicht nur Postkartenidyll, sondern eine wunderbare Laune der Natur! Ein Elysium für Vögel und Pflanzen und dessen menschlichen Freunde. Schon vor 80 Jahren wurden drei große Gebiete unter Schutz gestellt: Im Untersee das Wollmatinger Ried mit der Mettnau, das Eriskircher Ried am nördlichen Ufer und das Rheindelta im Vorarlberg.

Einzigartig ist Flora und Fauna wegen den regelmäßigen Wasserschwankungen am See, die Auenwälder und Riedwiesen mit Pflanzen wie den Sibirischen Schwertlilien entstehen ließen. Der niedrige Wasserstand im Winter wiederum legt Schlickflächen im Uferbereich frei, die für Wat- und andere Wasservögel ein schier unerschöpfliches Nahrungsreservoir schaffen.
Wir waren zu Besuch bei Eisvogel, Singschwan und Bodensee-Veilchen.

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Dieser Artikel ist aus dem Bodensee Magazin 2020. Mehr exklusiven Lesestoff rund um den Bodensee gibts hier.

1: Alle Vögel sind schon da – Bird Watching im Eriskircher Ried

Es war ein spektakulärer Auftritt, den die Singschwäne an diesem etwas diesigen Samstagmorgen im Dezember aufs Wasser-(parkett) legten. Mit Kampf- und Tanzeinlagen, vor allem aber mit dem typischen überschwänglichen Gesang.

Gebannt verfolgten die Vogelgucker im Eriskircher Ried durch ihre Spektive dem Schauspiel auf dem See. Singschwäne sind mit ihren gelb-schwarzen Schnäbeln ohne wulstartige Erhebung gut zu erkennen und gehören zu den faszinierendsten Geschöpfen im Eriskircher Ried. Das Ried ist vor allem ein Überwinterungsgebiet, weniger Brutgebiet wie der Untersee.

Seit 60 Jahren gibt es am See eine Vögel-Volkszählung, im Winter wird sogar monatlich gezählt. Über 200.000 Vögel, teils von weit her, sogar aus Sibirien, überwintern am Bodensee. Bis zu 20.000 Stockenten tummeln sich gleichzeitig an einem einzigen schmalen Uferstreifen des Eriskircher Rieds. Damit ist der Bodensee das wichtigstes Überwintergebiet für Wasservögel im südlichen Mitteleuropa, und auch für Singvögel hat der See eine ähnliche große Bedeutung.

Zu den Singschwänen gesellten sich an diesem Morgen noch Prachttaucher und Scheckenten. Ein Stück entfernt auf einer Brücke über einen Altarm der Schussen waren dann alle Vogelbeobachter mucksmäuschenstill. Durchbrochen wurde diese Ruhe nur von den hellen, unverkennbaren Rufen der Eisvögel. Immer wieder sah man einen der zierlichen Vögel kopfüber ins Wasser abtauchen. Die Eisvögel sind ganzjährig zu beobachten. Wenn die Altarme zufrieren gehen sie aber, trotz ihres Namens, lieber im Uferbereich des Bodensees auf Jagd.

Wer im Herbst oder Frühling im Ried unterwegs ist, der darf sich über den Anblick großer Vogelschwärme freuen, wie den der Schwalben. Im Frühling legen auch die Watvögel wie der Brachvogel auf ihrer Reise aus Westafrika zurück in den hohen Norden hier eine Rast ein. Und im Sommer sollte man bei einem Besuch im Eriskircher Ried unbedingt ein Auge auf Haubentaucher und Flusssesschwalben haben, die sich hier gerne ein Stelldichein geben. Eher akustisch wahrnehmbar ist die Anwesenheit der Nachtigall. Fast 300 Vogelarten leben im Eriskircher Ried, und auf einer der Plattformen hat man ganzjährig gute Chancen, so manchen Vogel bei seinem Tun zu beobachten. Also bloß das Fernglas nicht vergessen!

2: Ein Urwald am Bodensee – eine Führung zur Mettnau Spitze

Anstatt auf Bäume, die in Reih und Glied stehen, blicken die Teilnehmer der Führung von dem kleinen Waldweg aus auf wildwachsende Pflanzen. Dickes Moos breitet sich auf den Bäumen aus, die verstreut auf dem Boden liegen.

Seit 70 Jahren darf der Auwald auf der Mettnau ohne den Einfluss des Menschen wachsen, gedeihen und umfallen: Ein einzigartiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere! Die Bäume der Weichholzaue sind hervorragend an die Überflutungen im Sommer angepasst, erklärt der Mitarbeiter des Naturschutzbundes am Bodensee auf dem Weg zur Mettnau Spitze. Wird die Wucht des Wassers zu groß, werden Äste und Zweige geopfert, die unter dem Druck der Flut leicht brechen. An der Bruchstelle treiben die Pflanzen erneut aus, ohne Schaden davon zu nehmen. Wegtreibende Äste verfangen sich am Ufer und bilden den Grundstock für neu wachsende Bäume. Ein perfekter, natürlicher Kreislauf. Der Weg führt die Teilnehmer der Führung weiter an dichtgewachsenem Schilfgürtel vorbei. Als Schutz und Kinderstube tragen diese Pflanzen eine große Bedeutung. Mehrere Zentimeter pro Tag können sie wachsen und sind oft unter der Erde zu einem riesigen Wurzelkomplex vernetzt. Die letzte Station des Rundgangs ist die Spitze der Halbinsel. Ein einzigartiger Ausblick auf den See, die Alpen und die Reichenau empfängt die Gruppe. Der NABU-Mitarbeiter führt den Blick zurück aus der Ferne direkt vor die Füße der Teilnehmer: niedrig wachsende Pflanzen, wie das bläuliche Bodensee-Vergissmeinnicht, bilden eine floristische Besonderheit auf der Mettnau. Diese Art des Vergissmeinnichts kann weltweit fast nur am Bodensee gefunden werden. Zurück nimmt die Gruppe den gleichen Weg. Nur der Blick auf die Natur ist ein anderer: Mit vielen spannenden und informativen Details zu Flora und Fauna auf der Mettnau scheint man plötzlich „mehr“ zu sehen.

3: Der Natur so nah - eine kleine Wanderung durch das Wollmatinger Ried

Kneift man die Augen zusammen und blickt gegen die aufgehende Sonne im Osten, kann man in der Ferne des Wollmatinger Rieds ruhig grasende Rehe entdecken. Leichte Nebelschwaden halten noch tapfer am Boden fest, bis die wärmenden Strahlen die weitläufigen Streuwiesen freilegen.

Diese wurden Jahrhunderte lang im Herbst und Winter zur Gewinnung von Einstreu für Viehställe gemäht und bekamen deshalb ihren Namen, erzählt ein NABU-Mitarbeiter. Seit den 1960er Jahren wendeten sich die Bauern mit dem Rückgang der Viehhaltung von den Gebieten ab. Um die außerordentliche Artenvielfalt zu erhalten, wurden Streuwiesen als Lebensraum für Tiere und Pflanzen weiterhin gepflegt. Neben der Sibirischen Schwertlilie, Pracht-Nelke und Lungen-Enzian, sticht hier im Frühsommer vor allem die blaue Irisblüte heraus. Etwas später im Jahr setzt die Sumpf-Siegwurz auf den Wiesen strahlend pinke Akzenten – eine Besonderheit, da die Wild Gladiole nur noch in Baden-Württemberg wächst. 

Die Gruppe wandert weiter Richtung Rheinufer. Schöne Einzelbäume der Silber-Weide und Stiel-Eichen erinnern noch an ehemalige Auenwälder – an einem von ihnen ist deutlich die Arbeit eines Bibers zu erkennen, der versucht hat, sich durch den dicken Stamm zu nagen.

Nach einem guten Kilometer erreicht die Gruppe den Seerhein gegenüber der Schweizer Stadt Gottlieben. Hier sind deutlich die Spuren des sommerlichen Hochwassers zu sehen: schief wachsende Bäume bilden an ihren Ästen Wurzeln, die bei hohem Wasserstand in das Wasser ragen. Eine Beobachtungsplattform am Ufer eröffnet einen eindrucksvollen Blick auf das Ermatinger Becken und die geschützte Flachwasserzone, die das ganze Jahr über kostbarer Lebensraum für die Vogelwelt ist.

Von dort aus führt der Weg durch Schilf und kleine Wälder zurück zum Ausgangspunkt der Führung. Ein Abstecher in die Natur, der sich lohnt.

Wollmatinger Ried und Mettnau

Das Nabu-Bodenseezentrum bietet das ganze Jahr über Führungen an. Im Wollmatinger Ried können Interessierte jeden 1. Sonntag im Monat um 8:30 Uhr an einer Führung teilnehmen. Von April bis September sind Naturliebhaber noch zusätzlich jeden Mittwoch und Samstag um 16 Uhr zu einer kleinen Wanderung eingeladen. Während der Sommerferien erfahren Teilnehmer um 10 Uhr bei einem Spaziergang im Wollmatinger Ried einige charakteristische Elemente der Uferlandschaft. Auf eigene Faust ist das Wollmatinger Ried nur eingeschränkt begehbar.

Weitere Informationen: www.nabu-bodenseezentrum.de

Auf der Mettnau haben Interessierte im Winterhalbjahr die Möglichkeit, den äußeren Teil der Halbinsel innerhalb einer Führung zu erkunden. Jeden zweiten Dienstag im Monat (von September bis März) um 15 Uhr können Flora und Fauna auf der Mettnau erkundet werden. Von April bis August bekommen Teilnehmer jeden Dienstag um 10 Uhr spannende Details zu den Besonderheiten der Mettnau im Jahresverlauf erzählt. Außerdem bietet das NABU-Bodenseezentrum von April bis Oktober, an jedem 3. Sonntag im Monat um 10 Uhr, einen Sonntagsspaziergang an. Mehr Informationen erhalten Sie hier.

Eriskircher Ried

Das Eriskircher Ried zwischen den Flussmündungen von Rotach und Schussen ist ganzjährig frei zugänglich! Rundwege und Aussichtplattformen bieten Vogelbeobachtern beste Voraussetzungen. Der Bodensee-Radweg führt am nördlich des Rieds entlang, es lohnt also ein kurzer Abstecher ans Ufer oder ins Naturschutzzentrum Eriskirch auf Höhe des Bahnhaltepunktes Eriskirch. Angeboten werden rund 160 Veranstaltungen im Jahr, darunter bis zu vier Führungen täglich während der unfassbar schönen Irisblüte im Mai, Wechselausstellungen und Events speziell für Familien.

Tipp: Am Tümpel für Kinder und Schulklassen lassen sich Ringelnattern, Libellen und Frösche hautnah erleben!

www.naz-eriskirch.de